Haarlem.Ewout Franse richtet das Gewehr auf den hölzernen Adler, der dort im Turm hängt. Als der Vogel sich sofort nach dem Schuß in zwei Teile spaltet und zwanzig Meter fällt, jubelt die fröhliche Menge und nimmt Ewout auf die Schultern.Der 44-jährige Haarlemmer weiß nicht, was mit ihm geschieht.
Ewout hat am Sonntag, 12. Juni zum ersten Mal an dem traditionellen Schützenfest in seiner zweiten „Residenz“ Ober-Alme, in der deutschen Gemeinde Brilon, teilgenommen. Alme hat 1800 Einwohner und ist in Ober- und Nieder-Alme unterteilt, jeder Ortsteil mit eigenem Schützenverein. Jedes Jahr zu Pfingsten, steht das ganze Dorf wegen dem Schützenfest auf dem Kopf. Drei Tage hintereinander tanzen, trinken und paradieren die Vereinsmitglieder ohne Pause. Am letzten Tag schießen die Schützenbrüder mit einem Gewehr und schießen einer nach dem anderen auf einen hölzernen Adler, der in einem eigens errichteten Metallmast hängt. Wer ihn abschießt, ist ein Jahr König von Ober-Alme.
Was dann passiert, überrascht das niederländische Paar völlig. "Der alte ist gleich vergessen und Krista und ich werden von unserem Nachbarn und Freund direkt auf die Schultern gehoben. Plötzlich haben wir einen ganzen Hofstaat um uns herum."
Das Paar ist um drei Uhr in der Früh nach Hause gebracht worden. In der Tür stehend beobachten sie, wie das feiernde Publikum wieder einmal das Bierglas auf den neuen König erhebt. "Es war unglaublich, es schien als ob ein neuer Präsident gewählt wurde. Ich musste mich erst mal ein paar Tage erholen." sagt Krista.
Ewout und Krista sind jetzt im Urlaub und an freien Wochenenden in Alme zu finden. "Wir müssen", sagt Ewout quasi erschöpft. " Ich habe nämlich königliche Pflichten zu erfüllen. Hin und wieder besuche ich einige Veranstaltungen. Ich bin auch Vertreter des Ortes bei Festen in den umliegenden Dörfern. Selbst den Bürgermeister von Brilon besuche ich. Er spricht mich mit „Herr König“ an, so wie der Rest der Dorfbewohner. Man muß sich daran gewöhnen, aber für die dort lebenden Einwohner ist das eine Tradition. Ich sehe es als ein Zeichen, dass ich willkommen bin."
Ewout ist in die St. Ludgerus Schützenbruderschaft eingetreten, gleich nachdem sie nach Alme gezogen sind. "Um Anschluss ins Dorfleben zu finden, ist es ratsam, als Neubürger Mitglied eines Schützenvereins zu werden. Meine Nachbarn haben mich ermutigt beizutreten." *)
Im nächsten Jahr zu Pfingsten ist seine Regentschaft zu Ende, wenn nicht etwas dazwischen kommen sollte. "Der König muss zum Anfang des Vogelschießens immer den ersten Schuss machen. Wenn dann der Adler bei diesem Schuss schon fällt, bin ich noch ein Jahr König. Das muss nicht sein. Es ist etwas Einmaliges, König in Alme zu sein“.*)
Fototext: Ewout Franse und Krista Blank finden ihre Regentschaft einmalig.*)
Originaltext „Haarlems Dagblad“, Tino Schreuders, ins Deutsche übersetzt durch Julian Willmes, Ewout Franse, Christian Stemmer
*) Frei übersetzt aus dem Niederländischen. Ewout schreibt dazu:
“DAS IST AUF HOLLÄNDISCH DURCH DEN REPORTER FALSCH INTERPRETIERT WORDEN, DA ICH IHM GESAGT HABE, DASS DIE „EINMALIGKEIT“ DER KÖNIGSCHAFT ES SO SPEZIEL MACHT UND DASS MANN EIN ZWEITES MAL ALLES SCHON WEISS UND NICHT MEHR DIE SENSATION BELEBT, UNERWARTET KÖNIG ZU WERDEN.“